Kindeswohlgefährdung: Definition, Arten und bei welchen Anzeichen Sie genauer hinschauen sollten

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Kindeswohlgefährdung: Definition, Arten und bei welchen Anzeichen Sie genauer hinschauen sollten

Eine Kindeswohlgefährdung liegt vor, wenn die Eltern ihrer Fürsorgepflicht nicht nachkommen. Diese Anzeichen zeugen von Gefahren! Nicht alle Eltern kümmern sich aufopferungsvoll oder wenigstens nur verantwortungsbewusst um ihre Kinder. Andere vernachlässigen oder schlagen sie. Hier liegt eine Kindeswohlgefährdung vor.
Im vergangenen Jahr verzeichnete Deutschland einen drastischen Anstieg der Gewalt in Partnerschaften, mit einer Zunahme um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt wurden 157.550 Fälle registriert, was durchschnittlich 432 Gewaltopfern pro Tag entspricht. Diese alarmierenden Zahlen wurden heute auf einer Pressekonferenz des Bundesministeriums für Familie und Frauen sowie des Bundeskriminalamtes vorgestellt.
Die Deutsche Kinderhilfe hebt hervor, dass in dieser Diskussion eine wichtige Opfergruppe oft übersehen wird: die Kinder. Laut dem Bundeskriminalamt sind 80 Prozent der Opfer von häuslicher Gewalt Frauen, und 78 Prozent der Täter sind Männer. In 60 Prozent der Fälle handelt es sich um gegenwärtige Partner, während 40 Prozent auf ehemalige Partner entfallen.
Warum ist dies von Bedeutung? Weil es eine Gruppe von Opfern gibt, nämlich die Mütter, die in den meisten Fällen von Gewalt betroffen sind und deren Situation nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Die Forderung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser, wonach Gewalttäter nach dem ersten gewaltsamen Übergriff aus der Wohnung verwiesen werden sollten, wird zwar begrüßt. Doch gleichzeitig verlangen Jugendämter und Familiengerichte oft, dass die Gewalttäter sofort und regelmäßigen Umgang mit ihren Kindern haben müssen. Dies führt häufig dazu, dass die Mütter erneut Opfer von Gewalt durch die „strukturbedingte“ Gewalt von Jugendämtern und Familiengerichten werden.
„Wenn sich Mütter gegen diese erzwungenen Umgänge wehren, wird ihnen oft vorgeworfen, sie seien ‚bindungsintolerant‘ gegenüber dem gewalttätigen Elternteil, da sie den Umgang zwischen dem Gewalttäter und den Kindern behindern würden“, erklärt Rainer Becker, Ehrenvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. Dies führt zu einer gefährlichen Situation, in der Mütter Angst haben, ihre Kinder regelmäßig in die Obhut des Gewalttäters geben zu müssen, und möglicherweise sogar das Sorgerecht an ihn verlieren könnten.
Es ist wichtig zu betonen, dass es völlig normal und rechtlich konform ist, gegenüber einem gewalttätigen Elternteil (bindungs-)intolerant zu sein. Tatsächlich ist der geschlagene Elternteil nach § 171 des Strafgesetzbuchs verpflichtet, sein Kind vor gefährlichen Umgängen mit einem gewalttätigen Elternteil zu schützen.
Die aktuelle Praxis, Umgänge nach häuslicher Gewalt durchzusetzen, untergräbt strafrechtliche Ermittlungen und Schutzmaßnahmen und verstößt gegen Artikel 31 der Istanbul-Konvention zum Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt, auch bei Umgangs- und Besuchskontakten. Deutschland ist seit über fünf Jahren zur Umsetzung der Istanbul-Konvention verpflichtet, doch die Praxis bleibt hinter den Anforderungen zurück.
„Deutschland muss sich eindeutig zur Istanbul-Konvention bekennen, und das erfordert konkrete Maßnahmen, nicht nur Worte bei Pressekonferenzen“, fordert Rainer Becker. „Es darf keine Trennung zwischen Partnergewalt und Kindeswohlgefährdung geben, und Richter und Mitarbeiter von Jugendämtern dürfen nicht alleine gelassen werden, um zu entscheiden, was eine Kindeswohlgefährdung darstellt und was nicht. Diese Praxis birgt unvertretbare Risiken und gefährdet die betroffenen Kinder.“
Becker verweist auf Frankreich, wo im „Code civil“ festgelegt ist, dass Eltern, die vor ihren Kindern körperliche oder psychische Gewalt gegenüber dem anderen Elternteil ausüben, das Sorgerecht entzogen wird.
„Deutschland ist in familienrechtlichen Entscheidungen zu nachsichtig gegenüber den Tätern“, so seine Schlussfolgerung. Eine Änderung dieser Praxis ist aus seiner Sicht dringend erforderlich.
Kindeswohlgefährdung: Definition ist schwierigDie Komplexität der Kindeswohlgefährdung: Eine Herausforderung ohne eindeutige DefinitionAnzeichen für potenzielle GefährdungHinweise für eine Gefährdung sind auf vielerlei Weise erkennbar
Kindeswohlgefährdung: Definition ist schwierig
Der Gesetzgeber sieht eine Kindeswohlgefährdung bei Vorliegen einer Vernachlässigung ebenso wie bei fehlender Erziehung. (Foto: AdobeStock - 627914286 Shanorsila) Der Gesetzgeber sieht eine Kindeswohlgefährdung bei Vorliegen einer Vernachlässigung ebenso wie bei fehlender Erziehung. (Foto: AdobeStock – 627914286 Shanorsila)
Kindeswohlgefährdung geschieht auf ganz unterschiedliche Weise. Nicht immer lässt sie sich gleich erkennen und kann so über Jahre andauern.
Eine genaue Definition der Kindeswohlgefährdung ist schwierig, denn eine Vernachlässigung körperlicher, seelischer oder geistiger Art kann sich auf vielfältige Weise zeigen.
Auffällig ist, dass betroffene Kinder häufig mehrere Formen der Gewalt oder Vernachlässigung erfahren, in Fachkreisen ist von jedem fünften betroffenen Kind die Rede.
Der Gesetzgeber sieht eine Kindeswohlgefährdung bei Vorliegen einer Vernachlässigung ebenso wie bei fehlender Erziehung.
Es geht um eine gegenwärtige oder unmittelbar bevorstehende Gefahr für das Kind und seine Entwicklung, wobei das Bestehen der Gefahr eine erhebliche Schädigung des körperlichen, seelischen oder geistigen Wohls des Kindes bedeuten würde.
Da die Definition des Begriffs schwerfällt, wurden in der Rechtsprechung Fallgruppen gebildet, nach denen die Kindeswohlgefährdung konkretisiert werden kann.

Video: Kindeswohlgefährdung in Institutionen (Teil 1)

Die Komplexität der Kindeswohlgefährdung: Eine Herausforderung ohne eindeutige Definition
Die Definition von Kindeswohlgefährdung ist eine komplexe Aufgabe. Es gibt keine klare und allgemein akzeptierte Definition, die in allen Situationen angewendet werden kann. Stattdessen handelt es sich um einen mehrdeutigen und kontextabhängigen Begriff.
Kindeswohlgefährdung bezieht sich im Allgemeinen auf jede Situation, in der das Wohl und die Sicherheit eines Kindes in Gefahr sind oder beeinträchtigt werden könnten. Dies kann durch physische, emotionale oder sexuelle Misshandlung, Vernachlässigung, mangelnde Betreuung oder andere Formen von Gefährdung geschehen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Wahrnehmung von Kindeswohlgefährdung von Person zu Person unterschiedlich sein kann und von verschiedenen Faktoren wie Kultur, Gesetzen und individuellen Überzeugungen beeinflusst wird. Was für eine Person als Gefährdung angesehen wird, kann für eine andere Person möglicherweise nicht so wahrgenommen werden.
In vielen Ländern gibt es jedoch rechtliche Rahmenbedingungen und Institutionen, die dazu beitragen sollen, Kindeswohlgefährdung zu definieren und zu identifizieren. Dazu gehören in der Regel Sozialdienste, Kinder- und Jugendämter, die Polizei und Gerichte. Diese Institutionen arbeiten oft zusammen, um Fälle von Kindeswohlgefährdung zu untersuchen und Maßnahmen zum Schutz des Kindes zu ergreifen.
Trotz der Schwierigkeiten bei der Definition ist der Schutz des Kindeswohls von größter Bedeutung, und die Gesellschaft hat die Verantwortung, Kinder vor jeglicher Form der Gefährdung zu schützen und sicherzustellen, dass sie in einer sicheren und gesunden Umgebung aufwachsen können.

Video: Kindeswohlgefährdung in Institutionen (Teil 2)


Formen der Kindeswohlgefährdung

Die offensichtlichste Form der Gefährdung liegt bei einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit des Kindes vor.

Die Begehung von Straftaten an einem Kind (Tötungsversuche, Misshandlungen körperlicher oder seelischer Art) sind ebenso wie körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern als Gefährdung einzustufen.

Besteht eine Gefahr der Wiederholung nicht, stuft der Gesetzgeber dies nicht als Gefährdung des Kindeswohls ein.

Video: Formen von Kindeswohlgefährdung

Des Weiteren liegt diese bei sexuellem Missbrauch (auch im Einzelfall) vor.

Weitere Formen der Gefährdung sind beispielsweise:

  • keine Zustimmung zu einer nötigen ärztlichen Behandlung
  • Rauchen, wenn das Kind unter Erkrankungen leidet
  • Erziehungsfehler (Verweigerung des Umgangs mit dem anderen Elternteil, unkontrollierte Wutausbrüche gegenüber dem Kind, überfürsorgliche Erziehung)
  • physische oder psychische Erkrankung der Eltern
  • Alkohol- oder Drogenabhängigkeit der Eltern
  • Verwehren einer Ausbildung oder der Finanzierung der Ausbildung des Kindes
  • Anmelden im Internat gegen den Willen des Kindes (in besonderen Fällen)
  • fehlende Versorgung des Kindes
  • Hygienemängel

Anzeichen für potenzielle Gefährdung
Anzeichen für potenzielle Gefährdung
Körperliche Anzeichen: Das Kind ist untergewichtig und zeigt ein vermindertes Wachstum.
Rückstände in der körperlichen Entwicklung sind erkennbar, das Kind ist infektanfällig und wird bei Krankheiten nur unzureichend versorgt. Auch Hämatome, Brandwunden oder Knochenbrüche deuten auf eine Gefährdung hin, in dem Fall durch körperliche Gewalt.
Geschlechtskrankheiten, Verletzungen im genitalen, oralen oder analen Bereich können auftreten.
Häufig leiden vernachlässigte Kinder unter Schlafstörungen und diffusen Schmerzzuständen, sie nässen altersuntypisch ein und verletzen sich selbst. Auch Essstörungen treten als Kompensationsmittel auf.

Video: Wenn das Jugendamt kommt … [Teil 1]

Hinweise für eine Gefährdung sind auf vielerlei Weise erkennbar
Hinweise für eine Gefährdung sind auf vielerlei Weise erkennbar
Psychische Anzeichen: Viele gefährdete Kinder sind wenig selbstsicher, sie zeigen starke Ängste, teilweise Depressionen. Manche Kinder werden aggressiv, andere können keine Distanz zu anderen Personen halten.
Kognitive Anzeichen: Auch kognitive Probleme unter anderem beim Sprechen, bei der Wahrnehmung und in Bezug auf die Konzentrationsfähigkeit sind möglich. Manche Kinder entwickeln eine Lernbehinderung, wenn sie Gewalt oder Vernachlässigung erfahren. Der kindliche Forschungsdrang ist auffällig eingeschränkt, betroffene Kinder haben häufig kein Interesse daran, die Welt zu erkunden und zu verstehen.
Treten derartige Anzeichen bei einem Kind auf, sollte genauer hingeschaut werden. Gegebenenfalls sind die zuständigen Behörden (Jugendamt) zu verständigen.

Video: Was ist Kindeswohlgefährdung???

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