Irreführender Briefkopf: Werbung mit ISO-9001-Siegel nicht erlaubt

0

Unternehmen müssen im Wettbewerb mithalten können und sind darauf angewiesen, sich als besonders hochwertig zu präsentieren. Die ISO 9001 Zertifizierung wird hierfür gern herangezogen. Dies zumindest teilweise zu Unrecht.

ISO 9001: Irreführende Werbung ist nicht erlaubt

Das Wettbewerbsrecht sieht umfassende Regelungen vor, mit denen Verbraucher geschützt werden sollen. So auch bezogen auf geschäftliche Handlungen von Unternehmen, die sich an Verbraucher richten und bei denen deutlich wird, dass sie nicht der gebotenen unternehmerischen Sorgfalt entsprechen. Das Recht zielt bei seinen Regelungen darauf ab, dass das wirtschaftliche Verhalten von Verbrauchern nicht für diese negativ beeinflusst werden darf. Vereinfacht gesagt: Wenn Unternehmen mit etwas werben, was sie nicht bieten können und damit der Verbraucher von einer Kaufentscheidung überzeugt wird, ist dies nicht zulässig. Ausgegangen wird dabei von einem durchschnittlichen Verbraucher, das heißt, dass keine rechtskundigen Verbraucher angesprochen werden. Es geht demnach um diejenigen, die auch die Zielgruppe von spezifisch auf sie zugeschnittener Werbung sind.


Werbemaßnahmen dürfen nicht verschleiernd wirken

Entsprechend den Regelungen des Wettbewerbsrechts dürfen Werbemaßnahmen keine unvollständigen oder unpräzisen Angaben beinhalten. Sie dürfen auch nicht verschleiernd wirken und die tatsächlichen Eigenschaften von Produkten oder Dienstleistungen verhüllen.

Aus der Nichteinhaltung dieser Vorgaben würde sich eine bewusste Irreführung der Verbraucher ergeben, was sogar abmahnungsfähig ist. Liegen missverständliche Angaben in der Werbung vor und sind diese zur Irreführung geeignet, darf das betreffende Unternehmen, das diese Angaben verwendet, abgemahnt werden. ‚

Ein Beispiel ist hierfür die Verwendung oder Nennung einer ISO 9001 Zertifizierung, obwohl diese nicht wirklich vorliegt.

Verbraucher müssen gemäß eines Urteils des OLG Düsseldorf (Az.: 2 U 50/18) erkennen können, ob eine im Briefkopf eines Unternehmens genannte Zertifizierung nach ISO 9001 im gesamten Unternehmen gilt oder nur in bestimmten Bereichen desselben.

Denn es ist nicht in jedem Fall das ganze Unternehmen zertifiziert! Unter Umständen ist ein erläuternder Hinweis beizubringen, der deutlich macht, worauf sich die Zertifizierung bezieht. Das kann beispielsweise nur die Büroorganisation sein, während die angebotenen Dienstleistungen nicht zertifiziert sind.

Wer hingegen ohne Hinweis mit der Zertifizierung wirbt, obwohl diese nicht für das gesamte Unternehmen gilt, muss sich den Vorwurf einer bewusst irreführenden geschäftlichen Handlung gefallen lassen. Eine unzulässige Werbung liegt entsprechend des Urteiles des OLG Düsseldorf vor und diese ist strafbar bzw. berechtigt zur Abmahnung.

Die Zertifizierung nach ISO 9001 gilt mittlerweile als international anerkannter Standard, was erklärt, warum die Werbung mit diesem Siegel derart interessant zu sein scheint. ( Foto: Adobe Stock-bankrx )

Die Zertifizierung nach ISO 9001 gilt mittlerweile als international anerkannter Standard, was erklärt, warum die Werbung mit diesem Siegel derart interessant zu sein scheint. ( Foto: Adobe Stock-bankrx )

 

Die internationale Zertifizierung nach ISO 9001

Die Zertifizierung nach ISO 9001 gilt mittlerweile als international anerkannter Standard, was erklärt, warum die Werbung mit diesem Siegel derart interessant zu sein scheint.

Mit der Verleihung des Gütesiegels wird deutlich gemacht, dass das Unternehmen ein Qualitätsmanagement führt, das auch überprüft worden ist. Unabhängige Stellen müssen diese Überprüfung vornehmen, wofür festgelegte Standards bei der Prüfung zu verwenden sind.

Für Verbraucher und Geschäftspartner von Unternehmen heißt das, dass sie der Qualität der Produktion, der Organisation oder dem gesamten Unternehmen, das diese Zertifizierung erhalten hat, vertrauen können.


Mindestanforderungen an betriebliche Prozesse

Die ISO 9001 ist eine Empfehlung, keine gesetzliche Vorgabe.

Dennoch werden bei der Prüfung der Unternehmen feste Standards zugrunde gelegt. Diese wiederum ermöglichen den Vergleich der Ergebnisse und sind der Grund dafür, dass die zertifizierten Unternehmen eine vorgegebene Qualität bieten.

Noch einmal: Das muss sich nicht auf das gesamte Unternehmen beziehen, auch wenn allgemein angenommen wird, dass jeweils die komplette Firma und nicht nur einzelne Bereiche geprüft werden.

Mit der Zertifizierung nach ISO 9001 wird festgestellt, dass die Anforderungen der Kunden in Bezug auf die Produkt- oder Dienstleistungsqualität eines Unternehmens erfüllt werden.

Vorrangig geht es dabei um die Prozessorientierung: Ein prozessorientiertes Qualitätsmanagement dokumentiert sämtliche betrieblichen Prozesse, die dadurch überprüfbar werden.

Neue Möglichkeiten zur Optimierung werden dabei ersichtlich, darüber wiederum lassen sich Qualität und Kundenzufriedenheit steigern.

Das Urteil des OLG Düsseldorf: Zwei Instanzen entscheiden unterschiedlich

Im verhandelten Fall ging es um eine Anwaltskanzlei, die in ihrem Briefkopf den Namen der beteiligten Rechtsanwälte nannte. Dazu kam die „Zertifizierung nach ISO 9001“ als Vermerk direkt unterhalb der Namen.

Dies ist als Werbung zu werten, denn mit dem Briefkopf werden nicht nur bestehende, sondern auch potenzielle neue Mandanten angesprochen.

Mitbewerber der Kanzlei mahnten die Verwendung der Zertifizierung ab und benannten sie als wettbewerbswidrig. Die Begründung dahinter klingt einleuchtend: Ein großer Teil des angesprochenen Personenkreises würde auf diese Art der Werbung mit der Annahme reagieren, dass die Zertifizierung für die Qualität der Leistungen der benannten Rechtsanwälte stünde.

Ein erläuternder Hinweis war in dem Briefkopf nicht zu finden und so müssen Verbraucher zur Auffassung kommen, dass die anwaltlichen Dienstleistungen zertifiziert seien. Ob das tatsächlich der Fall ist und ob eine besondere Qualität mit den Leistungen verbunden ist, geht nicht daraus hervor.


Entscheidung in erster Instanz

Die erste Instanz war das Landgericht Düsseldorf. Es entschied zugunsten der Kanzlei, die die ISO-Zertifizierung in ihrem Briefkopf hatte. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die wenigsten Menschen sich mit den Kriterien für eine Zertifizierung auskennen würden. Sie würden vielmehr davon ausgehen, dass sich die Angabe eher auf die Gesellschaft und das Qualitätsmanagement und nicht auf die anwaltliche Leistung beziehe. Ein Unterlassungsanspruch bestünde demnach nicht.

Die abmahnenden Anwälte waren mit dieser Entscheidung nicht zufrieden und legten Berufung ein. Diese wurde vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt, was ein anderes Ergebnis zutage brachte.

Entscheidung in zweiter Instanz

Eine gestalterische Abtrennung der Namen der Rechtsanwälte sowie der Zertifizierung nach ISO 9001 war für das Oberlandesgericht Düsseldorf als zweiter Instanz nicht wichtig. Die Richter sahen die Sachlage komplett anders und gingen davon aus, dass die Verbraucher die genannte Zertifizierung vorrangig auf die anwaltlichen Dienstleistungen beziehen würden.

Ihrer Meinung nach würde ein durchschnittlicher Verbraucher hier keinesfalls auf eine Zertifizierung der Büroorganisation schließen, wie es das Landgericht Düsseldorf ursprünglich sah.

Das Urteil wurde damit begründet, dass der Durchschnittsverbraucher ohne einen weiteren Hinweis eine irrtümliche Auffassung erlangen würde. Diese sähe vor, dass die anwaltliche Dienstleistung zertifiziert worden ist.

Das aber würde bedeuten, dass sich die Anwälte einer entsprechenden Prüfung hätten unterziehen müssen und diese auch bestanden wurde. Dies geht aus der Erwähnung der Zertifizierung im Briefkopf aber nicht hervor. Zwangsläufig würde ein durchschnittlicher Verbraucher nun davon ausgehen, dass die Anwälte selbst geprüft wurden, was die Entscheidung für oder gegen einen Anwalt maßgeblich beeinflussen würde.

Normalerweise würde der Verbraucher sich eher für den Anwalt entscheiden, der zertifiziert ist, weil hier unterstellt wird, dass eine größere Fachkenntnis vorhanden ist. Dies gilt vor allem im Hinblick auf das Deutsche Institut für Normung (DIN), das mit Sicherheit und hohen Anforderungen assoziiert wird. Die ISO 9001 trägt immerhin ihrem vollen Namen die entsprechenden Buchstaben „DIN EN ISO 9001“.

Für das Gericht war die Sache klar: Eine solche Irreführung würde auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen haben, denn die Verbraucher würden einer Fehlvorstellung unterliegen.

Außerdem hätte es nach Ansicht des Gerichts den Anwälten keine große Mühe bereitet, eine entsprechende Erläuterung zur Vermeidung von Missverständnissen hinzuzufügen.

Video: ISO 9001: 2015 – Highlights und Vorteile

Zusammengefasst bedeutet das:

  • Werbung mit ISO 9001 Zertifizierung ist möglich.
  • Es muss deutlich erkennbar sein, was genau zertifiziert wurde.
  • Möglich ist auch die Nennung einzelner Bereiche, die zertifiziert wurden.
  • Verbraucher müssen aufgeklärt werden, irreführende Aussagen sind nicht erlaubt.
  • Bewusst herbeigeführte Fehlvorstellungen der Verbraucher sind im Sinne des Wettbewerbsrechts relevant.
  • Nicht eindeutige Nennung der Zertifizierung kann als „zur Täuschung geeignete Angabe“ gewertet werden.
  • Abmahnungen und Unterlassungsansprüche wegen nicht rechtmäßig geführter Zertifizierungsangaben sind zulässig.
  • Maßgeblich für diesbezügliche Entscheidungen ist das Wettbewerbsrecht.

Die Anwälte aus dem verhandelten Fall mussten entsprechend des Beschlusses des Gerichts den Hinweis auf die Zertifizierung konkretisieren oder ihn gänzlich aus dem Briefkopf entfernen.

Lassen Sie eine Antwort hier