Der Bundesgerichtshof hat mit seinem Beschluss vom 1. Juli 2025 (Az. VI ZR 357/24) die Nachweisanforderungen für allgemeine Glätte auf vereisten Gehwegen entscheidend reduziert. Geschädigte können Verletzungsfolgen bei Stürzen ohne aufwendige meteorologische Gutachten geltend machen. Eigentümer, Verwalter und Dienstleister sind verpflichtet, ihre Verkehrssicherungspraxis zu überarbeiten, den Versicherungsschutz zu optimieren und lückenlos zu dokumentieren. Die Vereinfachung stärkt Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB und verbessert die effektive Rechtsdurchsetzung rechtssicher für Betroffene bundesweit.
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BGH erleichtert Glätte-Beweis mit simplen Temperatur- und spiegelglatten Flächenbeobachtungen
Der BGH-Beschluss aus Gießen vereinfacht die Beweisführung erheblich, indem er die bisherige Pflicht zum Einreichen umfangreicher meteorologischer Untersuchungen zur Großwetterlage aufhebt. Gerichte akzeptieren künftig bereits nachvollziehbar dokumentierte Temperaturen um den Gefrierpunkt und die Beobachtung spiegelglatter Flächen als hinreichenden Anhaltspunkt für allgemeine Glätte. Geschädigte profitieren sofort: Ihre Schadensersatzansprüche nach § 823 BGB gewinnen an Durchsetzungskraft, da kostspielige Gutachten nicht mehr zwingend erforderlich sind.
Winterdienstpflicht bleibt bestehen, Beweisführung für Glättefälle jetzt deutlich erleichtert
Die Pflicht zur Schneeräumung und Bestreuen von Gehwegen gemäß §823 BGB sowie den kommunalen Winterdienstsatzungen bleibt bestehen. An Werktagen ist zwischen 7 und 20 Uhr, an Sonn- und Feiertagen ab 9 Uhr für freie und rutschfeste Gehwege zu sorgen. Durch das jüngste Urteil müssen Geschädigte zur Begründung einer allgemeinen Glätte keine aufwändigen und teuren Gutachten mehr einreichen. Eine einfache Schilderung der Eisbildung und niedriger Temperaturen ist nun ausreichend, auch mündlich.
Spiegelglatte Gehwege und null Grad genügen jetzt als Prozessbeweis
Gemäß der neuen Entscheidung des Bundesgerichtshofs genügt es künftig, im Vortrag formfrei darzustellen, dass der Gehweg spiegelglatt war und die Temperaturen um den Gefrierpunkt schwankten. Aufwendige meteorologische Gutachten oder detaillierte Klimadaten sind nicht länger erforderlich, um eine allgemeine Glätte nachzuweisen. Zusätzliche Angaben zu Streumaßnahmen auf benachbarten Flächen, etwa von Grundstücksnachbarn, können als ergänzender Nachweis dienen und damit die Beweiskraft des Vortrags im gerichtlichen Verfahren substantiell stärken. Dadurch werden Prozesskosten reduziert und die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen beschleunigt, da Gerichte bereits diese einfachen Indizien als ausreichend anerkennen.
BGH betont: Sichtbare Glätte begründet kein Mitverschulden im Prozess
Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass das bloße Erkennen einer glatten Oberfläche allein nicht automatisch zu einem Mitverschulden führt. Eine Haftungsminderung kommt nur infrage, wenn eine Person bewusst und vorsätzlich außergewöhnlich nachlässig handelt und die Gefahr wissentlich ignoriert. Mit dieser Entscheidung schafft das Gericht Rechtssicherheit, indem es Abwehrstrategien einschränkt und klare Maßstäbe für die Beurteilung von Sorgfaltspflichten im Winterdienst setzt. So wird gewährleistet, dass nur gravierende Pflichtverletzungen tatsächlich eine Minderungswirkung entfalten.
Eigentümer und Verwalter behalten ihre Kontrollpflicht trotz delegierter Räumung
Die Verantwortung für die Verkehrssicherung verbleibt auch bei delegierter Räum- und Streupflicht durch Eigentümer oder Hausverwaltung. Zwar kann der Einsatz von Mietern oder externen Dienstleistern übernommen werden, doch die Kontrollpflicht bleibt uneingeschränkt bestehen. Regelmäßige Begehungen und lückenlose Dokumentation aller Räum- und Streumaßnahmen sind unerlässlich. Fehlen Nachweise, ist die Abwehr von Schadensersatzansprüchen bei Glätteunfällen kaum möglich. Eigentümer und Verwalter müssen Abläufe strikt überprüfen und Belege systematisch archivieren, rechtzeitig und vollständig.
Umfassender Versicherungsschutz minimiert Risiken bei Winterdienst, Glätteunfällen und Haftungsstreitigkeiten
Ein umfassender Versicherungsschutz fungiert als zuverlässiger Risikopuffer und minimiert finanzielle Belastungen im Schadenfall. Die Haus- und Grundbesitzerhaftpflicht deckt Eigentümer bei Unfällen durch Glätte auf privaten Flächen ab. Private Haftpflichtversicherungen greifen ergänzend, wenn Mieter vertraglich zur Räumung verpflichtet sind. WEG-Rechtsschutz schützt Verwalter bei Streitigkeiten innerhalb der Eigentümergemeinschaft, während die Vermögensschadenhaftpflicht finanzielle Folgen aus Fehlentscheidungen oder Verwaltungsfehlern abfedert. Vor Winterbeginn empfiehlt Klöber Versicherungsmakler eine Prüfung bestehender Policen inklusive Anpassung der Deckungssummen vorzunehmen.
BGH-Urteil senkt Beweislast bei Glätteunfällen und fördert effektive Schadensersatzdurchsetzung
Durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs verringert sich der bürokratische Aufwand für Geschädigte, die nach einem Sturz auf vereisten Gehwegen Schadensersatzansprüche geltend machen möchten. Die Nachweishürde beschränkt sich künftig auf einfache Angaben zu Spiegelglätte und Temperaturen um den Gefrierpunkt. Gleichzeitig lastet ein verstärkter Haftungsdruck auf Grundstückseigentümern und Verwaltern, die ihre Räum- und Streupflichten sorgfältig erfüllen, dokumentieren und ihren Versicherungsschutz rechtzeitig anpassen sollten, um Risiken zu minimieren. Präventives Vorgehen gewährleistet dauerhaft Rechtssicherheit.